Sanierung ohne Insolvenz: Wichtiges zum Thema SanInsFoG

Die Sanierungs- und Insolvenzpraxis ist seit dem ersten Januar 2021 durch eine Fortentwicklung des Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetzes, kurz SanInsFoG, verändert. Wir zeigen Ihnen, was das unter anderem für die Eigenverwaltung und Restschuldbefreiungsverfahren bedeutet.

 

Was ist das SanInsFog?

Zu Beginn sei einmal gesagt, was genau mit dem neuen Gesetzentwurf entschieden wird: Mit ihm ändert die Bundesregierung mehrere Rechtsordnungen, zu denen neben der Insolvenzordnung auch das sogenannte GmbH-Gesetz und mehrere Branchenordnungen gehören. So überträgt die Exekutive eine europäische Richtlinie, die ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren ins deutsche Recht einführt. Diese Richtlinie war durch die Europäische Union schon im Juni 2019 verabschiedet worden.
Deutschland gehört zu den wenigen Ländern, die die Richtlinie noch umsetzen mussten, da in den meisten Staaten schon eine Sanierungsmöglichkeit ohne Insolvenz gibt. Der sogenannte Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG), sonst auch unter dem Namen Präventiver Restrukturierungsrahmen bekannt, ist darauf angelegt, Möglichkeiten zu bieten, die über die bisherigen hinausgehen. Also etwas, das zwischen vorinsolvenzlicher Sanierung und der Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, eines Schutzschirm- oder Eigen-verwaltungsverfahrens.

 

Unternehmen in der Krise

Bei dem neuen Sanierungsrahmen übernimmt der/die Geschäftsführer:in die Planung der Unternehmenssanierung. Voraussetzung für das Verfahren ist, dass das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist. Auch ein Insolvenzgrund der Überschuldung darf zu Verfahrensbeginn nicht vorliegen. Am Ende soll ein Plan zur Restrukturierung der Firma vorliegen, in dem einzelne Gläubigergruppen definiert werden, die von Maßnahmen der Sanierung betroffen sein werden. Davon sind allerdings die Arbeitnehmer:innen und der Pensionssicherungsverein ausgenommen. Die Besonderheit ist, dass der Restrukturierungsplan nur einer Drei- Viertel- Mehrheit der Gläubiger:innen bedarf, im Gegensatz zum normalen Weg, bei dem einzelne Gläubiger:innen nicht überstimmt werden können. Man darf sich aber nicht vertun, die neue Regelung soll nicht zu einer kompletten Kurswende werden, sondern stellt lediglich die Umsetzung der EU-Richtlinie dar. Wichtig ist der Bundesregierung, dass es nicht Sinn der Insolvenz ist, einen Fortbestand eines/einer Schuldner:in gegen die Interessen der betroffenen Schuldner:innen durchzusetzen.
Wenn ein Unternehmen aus einer Krise geführt werden soll muss es sich an besondere Regeln und Pflichten halten. Alle diese Regeln und Pflichten sind im neuen Paragraphen15b in der Insolvenzordnung gebündelt. So wird eine zentrale und rechtformneutral ausgestaltete Haftungsnorm geschaffen, die die Zahlungsverbote (§15 b InsO) und die Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) zusammenbringen. Damit kommt der Gesetzgeber einer schon lange gestellten Forderung nach.

 

Unternehmen in der Corona- Krise

Wenn Unternehmen von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie besonders betroffen sind, sollen sie dadurch nicht erleichterten Zugang zum neuen Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen erhalten. Im Referentenentwurf war dies noch anders geplant, die Bundesregierung hat sich aber umentschieden. Statt dem Zugang zum neuen Sanierungsrahmen soll Unternehmen, die wegen der globalen Pandemie zahlungsunfähig geworden sind, der Zugang zur Eigenverwaltung vereinfacht werden.
Neu ist außerdem, dass der/die Geschäftsführer:in in Einzelbestimmungen, zum Beispiel Fälligkeiten, eingreifen darf. Durch den neuen Rahmen werden außerdem Eingriffe in Vereinbarungen mit mehreren Beteiligten ermöglicht, damit sind vor allem Finanzierungskonsortien, Sicherheites- Pools von Banken sowie Anleihegläubiger:innen gemeint. Das ganze gilt auch dann, wenn die Anleihebedingungen dem entgegenstehen. Restrukturierungsplan in Einzelbestimmungen, zum Beispiel Fälligkeiten,
Eine neu Regelung dur den StaRUG ist, dass eine laufende Restrukturierung nicht zwingend aufgehoben werden muss, wenn das Unternehmen, dass zum Anfang zwar zahlungsfähig sein muss, zwischenzeitlich in die Zahlungsunfähigkeit rutscht. Das gilt allerdings nur, wenn die Insolvenzreife, also der Zustand der Zahlungsunfähigkeit, von einem/einer Gläubiger:in hervorgerufen wird, der/die seine/ihre Forderungen geltend machen will und gleichzeitig eben jene Forderungen mit dem Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen und damit im Ergebnis des Plans die Zahlungsfähigkeit wiederhergestellt und die Insolvenzreife beseitigt wird.
Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre
Diese Neuregelung gilt bereits für Verfahren, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden. Für Insolvenzverfahren, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 beantragt wurden, wurde eine Übergangsregelung eingeführt, die das Restschuldbefreiungsverfahren verkürzt. Laut des Gesetzgebers verkürzt sich für diese Verfahren der bisher, für die Befreiung von der Restschuld notwendige Zeitraum, von sechs Jahren um so viele volle Monate, wie seit dem Inkrafttreten der nun umgesetzten EU-Richtlinie vom 16. Juli 2019 bis zur Stellung des Insolvenzantrags vergangen sind. Daneben besteht weiter die Möglichkeit, eine vorzeitige Befreiung von der Restschuld nach den bisher gültigen Normen zu erlangen.
Mit Ablauf der Entschuldungsfrist treten in Zukunft durch eine Insolvenz bedingte Verbote beruflicher Tätigkeiten außer Kraft. Bei Tätigkeiten wie die des Rechtsanwalts, die einer Erlaubnis oder Zulassung bedürfen, muss jedoch erneut eine Genehmigung eingeholt werden. Dafür wurde eine andere Frist verlängert, nämlich die Sperrfrist für ein zweites Restschuldbefreiungsverfahren, diese wird von vorher zehn auf nun elf Jahre verlängert. Außerdem soll das zweite Verfahren mit fünf Jahren auch weiterhin länger dauern als das neue kurze Verfahren. „Die Verkürzung des Verfahrens führt nicht dazu, dass Schuldner im Falle einer späteren Wiederverschuldung schneller zu einer zweiten Entschuldung kommen können“, erklärt die Bundesregierung dazu.
Die restrukturierungsbeauftragte Person

Ein:e Restrukturierungsbeauftragte:r hat in Zukunft nicht mehr das Recht, die Räumlichkeiten des betreffenden Unternehmens zu besichtigen, um irgendwelche vermeintlichen oder faktischen Geheimnisse aufzudecken. Dieses Recht ist ersatzlos gestrichen worden. Es bleibt lediglich ein Anspruch auf Auskunft und Einsicht in unterlagen gegeben.
Und sonst so?
Die Hinweis- und Warnpflichten wurden erweitert. Das heißt, dass die Steuerberater:innen und -bevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer:innen und vereidigte Buchprüfer:innen sowie auch die Rechtsanwälte des Unternehmens dieses auf das Vorliegen eines Insolvenzgrundes und im Anschluss die Geschäftsführer:innen und anderen Beteiligten auf ihre Rechte und Verpflichtungen in diesem Zusammenhang hinweisen. Außerdem laufen die Anfechtungsfristen der §§ 130-136 InsO seit dem neuen Gesetze nicht, solange die Restrukturierung des Unternehmens im Gange ist.

 

Quellen:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw51-de-restschuldbefreiungsverfahren-812882
http://www.gesetze-im-internet.de/starug/BJNR325610020.html
https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/sanieren-ohne-insolvenzverfahren-starug-bundestag-umsetzung-eu-resturkturierungsrichtlinie/